In memoriam
Schalom Ben Chorin
von Ernst Schäll
Am
7. Mai 1998 ist der hochgeschätzte Freund, das Ehrenmitglied der Gesellschaft
für Geschichte und Gedenken, Professor Dr. h. c. Schalom Ben Chorin in Jerusalem
gestorben. „Seine letzten Worte, die er sprach, waren „Gute Nacht“, dann
sank er in den tiefen Schlaf, der ihn ins himmlische Jerusalem entführte.
Er sprach ja immer von dem „Adressenwechsel“. So schrieb die Witwe Avital
Ben Chorin an unsere Gesellschaft
und
sie schrieb u. a. weiter „... Ja, auch mein Mann fühlte sich mit Laupheim
sehr verbunden (und ich mit ihm). Daran haben Sie besonderen Anteil...“
Begraben
wurde er auf dem grossen Friedhof Har Mennoth, Abteilung Har Tamir. In seinen
Grabstein ist sein Name in lateinischer Schrift eingemeißelt. In Hebräisch
stehen die Worte aus Psalm 23.4“...denn du bist bei mir“.
Schalom
Ben Chorin war der unermüdliche Wegbereiter zur christlich-jüdischen- und
deutsch-jüdischen Verständigung. Dies war auch Thema seines reichen
literarischen Werks, für das er von der deutschen Regierung und Universitäten
geehrt wurde, u..a. mit dem großen Bundesverdienstkreuz, dem Leo Baeck-Preis
und der Buber-Rosenzweig Medaille. In deutscher Sprache schrieb der als
Religionsphilosoph Geschätzte fast alle seine Bücher.
Zu
Laupheim, das er 1975 zusammen mit seiner Frau und Freunden, dem Verleger
Ehepaar Heinz M. und Heidi Bleicher aus Gerlingen erstmalig besuchte, hatte er
besondere Beziehungen, die er auch in Büchern schilderte. In „Ich lebe in
Jerusalem“(Bleicher 1979); in „Wagenburg“ (Bleicher 1983) schrieb er in
dem Aufsatz „Wir Laupheimer“ über seine erste Begegnung mit der Stadt
seiner Vorfahren. In „Weil wir Brüder sind“ unter dem Titel „Dort wo
die Asche meiner Väter ruht“ schreibt er über den Laupheimer Friedhof.
Viele Briefe Schalom Ben Chorins bezeugen seine Bindungen zu Laupheim, in
denen der „Gute Ort“, – der Friedhof –, sein wichtiges Anliegen war,
liegen hier doch dreizehn seiner väterlichen Vorfahren bestattet.
Die
Familie von Fritz Rosenthal – so der ursprüngliche Name von Schalom Ben
Chorin (Friede, Sohn der Freiheit) kam mit den Ururgroßeltern Anselm
(1770-1817) und Klara geb. Maier (1776-1845) von Ichenhausen nach Laupheim.
Sie hatten 1792 in Ichenhausen geheiratet. Deren Sohn Moses (1799-1864) und
Clara geb. Rödelheimer (1802-1845) waren die Urgroßeltern. Sie hatten elf
Kinder. Das vierte Kind Abraham, geb. 1831, und Jeanette geb. Hirsch waren die
Großeltern, die in der Ulmerstraße eine Brot- und Zuckerbäckerei
betrieben. 1871 zog die Familie mit dem erst einjährigen Vater von Fritz, Richard,
nach Ulm und bald darauf nach München. Richard kam jedoch wieder nach
Laupheim zurück, wohl um hier den Kaufmannsberuf zu erlernen. Erst im Alter
von 17 Jahren zog er wieder zur Familie nach München.
Fritz
wurde am 20. Juli 1913 in München geboren. 1924, er war gerade elf Jahre alt,
verlor er seinen Vater. Aus Erzählungen des Vaters, der Laupheim noch ein
paar Mal besuchte, blieb ihm die Stadt im Bewußtsein, doch mußten fünf
Jahrzehnte vergehen, bis er sie endlich kennenlernte.
Vier
Generationen lebten in unserer Stadt. Mit Fanny Steiner, geb. Rosenthal, die
1920 starb, erlosch hier die Familie. Sie war die Schwester des Großvaters
Abraham, dem Vorbeter in der Laupheimer Synagoge, mit der schönen Stimme, dem
Schalom Ben Chorin in seinem Buch „Ich lebe in Jerusalem“ ein Denkmal
setzte.
Tiefempfundene
Sehnsucht fühlte er zeitlebens nach München, mit dem Klang der Glocken von
den Kirchtürmen der Stadt. Nicht anders fühlte wohl sein Vater einst zu
Laupheim. Doch wenn Schalom Ben Chorin später in München weilte, zog es ihn
zurück in die andere Heimat, Jerusalem, nach dem Schmettern der Schofar an
der Klagemauer und dem Ruf des Muezzin.
Noch
dreimal kam Schalom Ben Chorin nach Laupheim. Seine Vorträge sind
unvergessen; 1986 und 1991 in der Aula des Carl-Laemmle - Gymnasiums, 1988 in
der Kirche St. Peter und Paul.
Sein
Tod war für die Laupheimer, besonders für die Mitglieder der Gesellschaft für
Geschichte und Gedenken, schmerzlich. Wir werden ihn ehrend gedenken.
Ernst Schäll