|
In Gedenken an Yitzhak Heinrich Steiner
Ehrenmitglied der Gesellschaft für Geschichte und Gedenken e.V.
geboren am 12. August 1931 in Laupheim - gestorben am 22. März 2022 in Israel נצבה״ח |
|
Nachruf in der Schwäbische Zeitung Laupheim
Er hat das Haus der Aussöhnung und des Erinnerns wohlbestellt. Yitzhak Heinrich Steiner, Bewahrer der
jüdischen Geschichte Laupheims, ist im Alter von 90 Jahren gestorben „Die Erinnerung an die Wurzeln lässt sich nicht auslöschen“, sagte Yitzhak Heinrich Steiner. Von Roland Ray Laupheim Trauer um Yitzhak Heinrich Steiner: Der in
Laupheim geborene Jurist, der sich in heraus-ragender Weise engagierte,
die jüdische Geschichte seiner Vaterstadt zu bewahren, ist in der Nacht
zum Montag im Alter von 90 Jahren in Israel gestorben. Er wurde gestern
in Haifa beigesetzt. Steiner, Jahrgang 1931, war in seiner frühen
Kindheit in Laupheim zu Hause, wo seine Vorfahren 1845 ein
Hopfengeschäft gründeten, für das auch sein Vater Helmut arbeitete. Die
Mutter war Schweizerin. 1936 emigrierte die Familie unter dem wachsenden
Druck der Nationalsozialisten nach Sankt Gallen. Nach Kriegsende baute Helmut Steiner von der
Schweiz aus den Hopfenhandel wieder auf. Geschäftsreisen führten ihn
zurück nach Laupheim. Die einst blühende jüdische Gemeinde war gewaltsam
ausradiert, doch Steiner setzte sich für den Erhalt des jüdischen
Friedhofs ein und war Gesprächspartner für die Stadtverwaltung. Seinen
Sohn nahm er immer wieder mit und gab den Willen, sich zu versöhnen, an
ihn weiter. Heinrich Steiner studierte Jura, promovierte und
wanderte in den 1960er-Jahren mit seiner Frau nach Israel aus. Er wurde
Dozent für Rechtsgeschichte. Bis zuletzt kam er regelmäßig zu Besuch,
pflegte Freundschaften und wirkte darauf hin, dass das jüdische Erbe
Laupheims nicht in Vergessenheit gerät. Das sei man den Opfern schuldig,
sagte er; zugleich gehe es darum, aus der Kenntnis dessen, was geschah,
Lehren für die Gegenwart und Zukunft zu ziehen. Steiner wirkte an der Konzeption des 1998
eröffneten Museums zur Geschichte von Christen und Juden mit. Er hat die
Einrichtung vielfältig gefördert, durch Schenkungen und indem er Türen
zu Archiven, Zeitzeugen und Nachlässen öffnete, und gehörte dem
Museumsbeirat an. Der Stadt und der Gesellschaft für Geschichte und
Gedenken (GGG), die er mitinitiierte, war er ein wichtiger Ratgeber in
jüdischen Belangen. Das Museum sei für ihn und viele Nachkommen der von
den Nazis ausgelöschten jüdischen Gemeinde Laupheim ein Ort geworden,
„der unsere Bindung zur Stadt verwirklicht und aktualisiert“, schrieb er
in einem Grußwort zum 20-jährigen Bestehen. Ein Herzensanliegen war ihm die Instandsetzung
des ehemaligen Leichenhauses der jüdischen Gemeinde. Für dieses Projekt
hat er beharrlich geworben und Spenden gesammelt. Dem Erhalt des
Gebäudes durch die Stadt maß er tiefe symbolische Bedeutung bei. Als das
sanierte „Haus am jüdischen Friedhof“ 2014 als Dokumentations- und
Gedenkstätte eröffnet wurde, brachte er, sichtlich bewegt, mit seinem
Sohn Daniel einen Haussegen am Eingang an, sprach von der Verbundenheit,
die viele Nachfahren jüdischer Laupheimer für die Heimat der Eltern und
Großeltern an den Tag legten, und betonte: „Die Erinnerung an die
Wurzeln lässt sich nicht auslöschen, durch kein Regime und keine
Missetat.“ Der Gemeinderat würdigte sein Wirken 2016 mit
der Bürgermedaille. „Ohne Sie wären viele Schätze der Erinnerung für
immer verloren“, sagte OB Rainer Kapellen. Im Jahr zuvor verlieh ihm die
Laupheimer Bürgerstiftung den „Goldenen Laubü“. Steiner lebe die Werte
Verständigung und Toleranz aus tiefer persönlicher Erfahrung, sagte die
Laudatorin Christa Jerg. Er nehme die Auszeichnung an „in dem
Bewusstsein, wieder ein Laupheimer zu sein“, bekannte der Geehrte. Die Erste Bürgermeisterin Eva-Britta Wind hat
den Verstorbenen am Montag als Brückenbauer, Fürsprecher für das
Miteinander und Bewahrer des jüdischen Erbes und Gedenkens in Laupheim
gewürdigt. Dass dieses Erbe und die Erinnerung daran so stark in der
Stadt verankert seien, „haben wir auch Herrn Steiner zu verdanken“. „Für uns war er Sprecher und Gesicht der
ehemaligen jüdischen Gemeinde“, sagt die GGG-Vorsitzende Elisabeth
Lincke. Sie verweist auf die Tafeln am Eingangsportal zum jüdischen
Friedhof. „Bestelle dein Haus“, mahnen sie auf Deutsch und auf
Hebräisch. Das habe Yitzhak Heinrich Steiner auch getan, indem er sein
Wissen über das jüdische Laupheim teilte, dieses Erbe hochhielt und an
die nachfolgenden Generationen weitergab, desgleichen in seiner Familie
den Stab des Vermittlers. Als er sich 2019 altershalber aus dem
Museumsbeirat zurückzog, rückte sein jüngerer Sohn Michael für den Vater
nach. Möge seine Seele eingebunden sein in das Bündel
des Lebens.
|
|
"Grabsteinsetzung" am 03. Juni 2022 mit Gedenken und Gebeten für Yitzhak Heinrich Steiner
Gedenkstein für Yitzhak Heinrich Steiner im jüdischen Friedhof in Laupheim am Grab seines Großvaters Simon Leopold Steiner.