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REISEBERICHT BERLIN

Auf den Spuren jüdischer Geschichte in Berlin

LAUPHEIM (eli) - Acht Mitglieder der Gesellschaft für Geschichte und Gedenken fuhren in der vergangenen Woche für vier Tage nach Berlin, um außer dem Erlebnis der boomenden Hauptstadt vor allem den Spuren der jüdischen Geschichte nachzugehen.

Die Teilnehmer besichtigten das "Centrum Judaicum" mit der Synagoge an der Oranienburger Straße, das "Scheunenviertel", das neue jüdische Museum und nahmen an einem Spezialführung über ehemalige literarische Salons teil. Eindrucksvoll war der Besuch im Plenarsaal des Bundestags, der durch Vermittlung von Franz Romer, Mitglied des Bundestags, zustande gekommen war.

Ideal war im besonderen die Reiseleitung durch die beiden berlinstämmigen Laupheimer Gaby und Dietmar Lüdke, die ein Programm vorbereitet hatten, das ganz auf die Interessen der mitreisenden GGG-Mitglieder abgestimmt war.

Das Zentrum der bundesrepublikanischen Volksvertretung im Reichstagsgebäude und die faszinierend sprießenden Parlamentsgebäude im Spreebogen standen am Anfang des Besichtigungsprogramms. Erst durch die Einladung von Franz Romer an seinen dortigen Arbeitsplatz war die ganze Reise der GGG-Mitglieder ermöglicht worden. Auf den Besucherplätzen im Plenarsaal zu sitzen, mit Blick auf den Bundesadler, die Regierungsbank und Abgeordnetenplätze war genauso eindrucksvoll wie in die Glaskuppel auf dem Reichstagsgebäude zu steigen, und von dort in der Nacht das "Berliner Lichtermeer" zu sehen oder am nächsten Tag auf das Bundeskanzleramt und die es umgebende Baustellenlandschaft zu schauen.

Im Anschluss an diesen politischen Berlin-Aspekt ging es den Reisenden vor allem um das Erleben von Orten, an denen noch immer der "jüdische Stempel" in der kulturellen Vielfalt im Leben der heutigen Hauptstadt zu spüren ist. Das wechselhafte Miteinander und Gegeneinander von Juden und Deutschland ist wohl an keinem anderen Ort so handgreiflich erlebbar wie in Berlin: die ehemalige Synagoge an der Oranienburger Straße mit ihrer prächtigen goldenen Kuppel, das Jüdische Museum in dem aufsehenerregenden Neubau des Architekten Daniel Libeskind, dem ehemaligen Scheunenviertel, dem man die frühere Quartiernahme durch osteuropäische Juden heute so gar nicht mehr ansieht oder die sprachlosen Grünnischen im Häusermeer, die sich als eingeebnete jüdische Friedhöfe herausstellen. Das Grab des großen jüdischen Philosophen Moses Mendelssohn, der Lessing zu "Nathan der Weise" inspiriert hatte, zeigt noch heute, wie Erinnerungen an die jüdische Blütezeit in der Berliner Geschichte eine Form des "Totschweigens" darstellen. Immerhin existiert inzwischen neben der Mendelssohnschen Grabstelle ein Mahnmal für die Sammelstelle für die insgesamt 40 000 deportierten jüdischen Bewohner Berlins.

Wie sehr jüdische Persönlichkeiten etwa das Geistesleben in Preußen angeregt hatten, ließen sich die Laupheimer auch bei einer "Stadtführung auf den Spuren von Henriette Herz und Rahel Levin"erklären, zwei der Frauen, die nach französischen Vorbild um 1800 Salons eingerichtet hatten. Den umfassendsten Eindruck des gesamtdeutschen jüdischen Lebens demonstrierte die früher im Schloss Großlaupheim arbeitende Sybille Kussmaul bei einer Führung durch das neue jüdischen Museum. Die strengen Sicherheitskontrollen bildeten auch hier eine makabere Ouvertüre.

 

 

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