2010
In entbehrungsreichen und blutigen Kreuzzügen wurden die Statten des christlichen Glaubens umkämpft, besonders heftig war der Kampf um die Grabeskirche, dem Ort von Christi Tod und Auferstehung. Für den Laupheimer Singkreis und die Mitglieder der Gesellschaft für Geschichte und Gedenken (GGG) bot am Fronleichnamstag die Grabeskirche ein besonderes Erlebnis: der Chor aus 23 Sängern unter Leitung von Ludwig Schwedes hatte vom Orden der Franziskaner das Angebot angenommen, das Pontifikalamt musikalisch mitzugestalten. Der feierliche Gottesdienst wurde vom Patriarchen von Jerusalem zelebriert, dem höchsten katholischen Würdentrager im Heiligen Land.
Die Messe wurde in lateinischer Sprache zelebriert und vom Laupheimer Singkreis mit gregoriansichen Chorälen und Gesängen aus verschiedenen Jahrhunderten begleitet. Zahlreiche Absprachen zwischen dem Organisten und den Zelebranten einerseits und dem Laupheimer Singkreis andererseits waren im Vorfeld hierfür notwendig. Sie trugen zum guten Gelingen in einer stimmungsvollen Atmosphäre des fast dreistündigen Pontifikalamts mit Prozesssion um das Heilige Grab bei.
Diesem Gottesdienst vorangegangen waren zwei weitere Chorauftritte: im Kibbuz Ramad Yohanan bei Haifa wirkten die Laupheimer bei einem Konzert mit einem renommierten israelischen Auswahlchor mit und sangen dort unter anderem gemeinsam Händels „Hallelujah“ aus dem „Messias“. Der zweite Auftritt fand in Jerusalem im Seniorenheim Bet Moses statt, für das man dort den Begriff „Elternheim“ verwendet. Die Begegnung mit zahlreichen deutschsprachigen Heimbewohnern war dabei besonders beruhrend. „Altes deutsches Liedgut aus der Romantik so schön vorgetragen zu bekommen, war ein Geschenk für mich“, sagte eine Bewohnerin.
Für die Mitglieder der GGG, die diese Kultur-und Konzertreise initiiert hatten, brachte dieser Auftritt auch eine kurze Begegnung mit Dr. Heinrich Yitzak Steiner, einem bei Jerusalem lebenden ehemaligen Laupheimer.
(Erschienen: Schwäbische Zeitung 04.06.2010 13:30)
Ansprache
zur Jahreshauptversammlung am 18.3.2010 Liebe Mitglieder der
Gesellschaft für Geschichte und Gedenken, ich begrüße Sie
herzlich und danke Ihnen für Ihr Kommen. Besonders begrüße ich Herrn Patrick
Hörl, der uns Hintergründe zu seinem 1993 gedrehten Film über
Hertha Nathorff-Einstein erklären wird. Dieser Film wurde ja auch
teilweise in Laupheim gedreht. Ich habe einen
Zeitungsartikel über seine damaligen Dreharbeiten herausgesucht und davon
einige Kopien ausgelegt. Sie können sie gerne mitnehmen. Nach unseren
Vereinsangelegenheiten werden wir seinen Film „Traumspuren“
miteinander im Laemmle-Kino ansehen. Herzlich grüßen „
in absente“ möchte ich am heutigen Tag Ernst Schäll, der vor 13
Jahren unsere Gesellschaft ins Leben gerufen hat und heute seinen 83.
Geburtstag feiert. Herzlichen Glückwunsch. Liebe GGG-Mitglieder,
mein Geschäftsbericht ist hoffentlich abwechslungsreich für Sie/Euch und
widerspiegelt zugleich ein wichtiges Charakteristikum unseres Vereins. Wir
sind, vielleicht mehr als andere Laupheimer Vereinigungen, eine Gruppe von
Individualisten, die in ihren Einzelaktivitäten unterschiedlich unseren
Satzungszweck, nämlich das Gedenken an die ehemalige jüdische Gemeinde
wach zu halten, verwirklichen. Entsprechend
unterschiedlich sind unsere Aktionsräume,
da ist: 1
das Museum, in dem viele von uns ehrenamtlich tätig sind, als
Museumsführer, als Aufsichtspersonal, als Exponatbeschaffer und für
vieles andere Ansprechpartner sind. 2.
Als zweiten Aktionsraum
nenne ich den Jüdischen Friedhof, wo GGG-Mitglieder tätig sind durch
Restaurierungsarbeiten, Führungen, bei der Recherche über das
Eingangsgebäude oder bei der Durchführung der jährlichen Gedenkfeier 9.
November. Manche anderen Aktionsräume
sind nicht genau zu lokalisieren, denn in diesen Bereich fällt die
Kontaktpflege mit ehemaligen jüdischen Laupheimern und deren Nachkommen. Kontaktpflege,
das beinhaltet: regelmäßig Telefongespräche zu führen mit ehemaligen
Laupheimern, Briefe, Mails,
Geburtstagsgrüße und –päckchen zu schicken, Fahrten und Flüge zu
ehemaligen Laupheimern in die Schweiz und nach Übersee zu unternehmen,
sowie die Besucher hier vor Ort zu betreuen, durchs Museum oder über den
Friedhof zu führen, und vieles mehr. All das sind zeit- und
finanzaufwändige Betätigungen bei der Verwirklichung von „Geschichte“
und „Gedenken“. Unsere Aktionsräume
seit der GGG-Gründung vor 13 Jahren sind nun auch dokumentiert in einem
Flyer, den Sie in einem Vorabdruck auf den Tischen vorfinden. Dieser Flyer
wird in größerer Stückzahl und anderer Papierqualität in den nächsten
Tagen fertig gestellt. Ich glaube, mit diesem
Flyer und meinen anschließenden Ausführungen können wir gegenüber
einer größeren Öffentlichkeit auch dokumentieren, was in den
Jahren vor und seit der Einrichtung des Museums von unserer GGG geleistet
wurde und wird, unabhängig von finanziellen oder politischen Zwängen
oder sogar in einer Zeit ohne Museumsleitung. Was nun im vergangenen
Jahr die einzelnen GGG-Mitglieder
bewegt und geleistet haben, will ich nun chronologisch aufführen: Unsere letzte
Jahreshauptversammlung am 5. März 2009 stand ganz unter dem Zeichen
des kurz zuvor herausgegebenen Gedenkbuchs; wir hatten Ingo Bergmann
eingeladen, der ja das Ulmer Gedenkbuch herausgegeben hat und so standen
die Gemeinsamkeiten und Unterschiede unserer beiden Gedenkbücher im
Vordergrund. Welche Bedeutung das
Gedenkbuch für unsere Gesellschaft, neben der oft geäußerten
ideellen Wertschätzung außerdem noch für unsere Gesellschaft hat, wird anschließend Peter Schroeder näher im
Kassenbericht ausführen. Nun aber weiter in der
Auflistung der Aktivitäten: Einen Monat nach
unserer letzten Jahreshauptversammlung, am 4.4.2009, gab die Stadtkapelle
unter dem Titel „Von Laupheim nach Hollywood“ ein Konzert, bei
dem Filmmusik aus der Pionierzeit von Hollywood zu hören war; Dr. Udo
Bayer hatte interessante Hintergründe recherchiert und moderierte gekonnt
durch das musikalische Programm. Am Ostermontag,
14.4.2009, brachten der TSV und die Stadt Laupheim anlässlich des 95. Geburtstags
der Hochspringerin Margret-Lambert-Bergmann eine Gedenktafel im
nach ihr benannten Stadion an. Udo Bayer sprach im Namen der GGG Grußworte
in der Herrenmahd-Halle. Zahlreiche Freunde von Margret Lambert
gratulierten durch Briefe, Mails und Anrufe. Aus Anlass ihres
Geburtstags zeigte das Museum in der darauf folgenden Woche den
englischsprachigen Film „Hitler’s Prawn“ den unser GGG
-Mitglied Janet Weiß simultan übersetzte, wofür wir ihr sehr
dankbar waren. In ihrer bescheidenen
Art hat sie übrigens kaum ein Wort darüber verloren, dass inzwischen der
Museumsführer in englischer Fassung, von ihr und ihrem Mann übersetzt,
vorliegt. Die ausländischen Besucher schätzen diese Übersetzung sehr
– ein großes Kompliment für diese gelungene Arbeit. Über Kilian von
Steiner fanden im vergangenen Jahr zahlreiche Veranstaltungen statt: Am 7.5. ein Vortrag des Bad
Niedernauer Ortsvorstehers Albert Bodenmiller zum Thema „Kilian von
Steiner und das Grundgesetz“, am 12.6. eine Schiller-Soiree im Gedenken
an Kilian von Steiner. Der Anfang dieses Austauschs zwischen Bad Niedernau und Laupheim war von Michael Schick gemacht worden.
Frau Sitter und Herr Bodenmiller regten dabei eine Art kleine „Städtepartnerschaft“
zwischen den Gemeindeverwaltungen an. Wir hoffen nun auf konkrete
Schritte, bei denen wir uns gerne einbringen würden. Am 14. und 15. Mai
fanden im Kulturhaus die Laupheimer Gespräche statt, veranstaltet
vom Haus der Geschichte in Kooperation mit der Stadt Laupheim. Rolf
Emmerich hielt im Rahmen des Kolloquiums einen interessanten Vortrag mit
dem Titel „Helfer der verfolgten Laupheimer“. Er engagierte
sich ebenfalls am Europäischen Tag der jüdischen Kultur durch eine
Themenführung „Jüdische Feste und Bräuche“. Im September war Ernst
Bergmann nach längerer Pause wieder einmal in Laupheim. Wir trafen
mit ihm zusammen, und er genoss die fürsorgliche Betreuung vor Ort (im
Museum und auf dem Friedhof). Ein Nachfahre von
Friedlich Adler besuchte wenig später Laupheim und wurde von Rolf
Emmerich durchs Museum geführt. Mehrmals kam Dr.
Heinrich Steiner im letzten Jahr nach Laupheim, um sich und uns über
die Entwicklung des Pförtnerhauses vor dem Jüdischen Friedhof auf dem
Laufenden zu halten. Er steht zu unserer GGG in regelmäßigem und
konstruktivem Kontakt. Ein besonderes Ereignis
spielte sich im Oktober in Los Angelos ab, wo die Lämmle-Nichte Carla
Laemmle ihren 100. Geburtstag feierte. Udo Bayer flog aus diesem
Anlass zu ihr, beschenkte und ehrte sie dort öffentlich. Zurück kam er
mit einem selbst gedrehten Film von einer großartigen Geburtstagsfeier.
Ein Filmausschnitt, in dem sie sich in erstaunlicher Frische präsentierte
und die Laupheimer herzlich grüßte, wurde im Rahmen der Filmfest-Gala
der Biberacher Filmfestspiele am 1. November öffentlich gezeigt. Bei diesen Festspielen
entstand ein Kontakt zwischen dem Ehepaar Bayer und der Berliner
Filmemacherin Ilona Ziok, der am 27. Januar diesen Jahres anlässlich
des Gedenktages für die Opfer des Holocaust, seine Fortsetzung fand.
Ilona Ziok zeigte hier in Laupheim ihre erschütternde Filmdokumentation
„Kurt Gerrons Karoussel“. Erwähnen möchte ich
– als einen wichtigen Baustein zur Laupheimer Geschichte – die
Herausgabe der Dokumentation „Johann Gottfried Brigel – Ein
Wegbegleiter Laupheims“ durch das Autorenteam Robert Eß, Rolf Müller,
Dieter Müller und Markus Blatt Ende Dezember. Ich hoffe, Sie haben
sich auch über eine weitere Publikation gefreut, die zum Jahreswechsel
jedem GGG - Mitglied ins Haus geschickt wurde, nämlich die Neuauflage des
„Tagebuchs der Hertha Nathorff“, ein Taschenbuch, das ja zum
Leidwesen vieler vergriffen war. Unsere Unterstützung
und die des Deutschen Auswandererhauses Bremerhaven war für den
Fischer-Verlag die Bedingung für eine Neuauflage gewesen. Dass nun die
GGG zusammen mit diesem, schon zweimal mit dem Europäischen Museumspreis
ausgezeichneten Haus auf der Impressumsseite des Buches genannt
wird, ist für uns eine besonders gute Referenz. Damit bin ich nun beim
Thema „Auszeichnungen“. Zwei unserer GGG-Mitglieder wurden in
diesem vergangenen Jahr öffentlich ausgezeichnet: -
Joachim Kawka möchte ich zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes
gratulieren, als Anerkennung für seine Verdienste
um die christlich-jüdische Verständigung -
Robert Eß gratuliere ich zur Verleihung der
Johannes-Brenz-Medaille,eine Auszeichnung der
Evang. Landeskirche
für seine Verdienste für die evangelische Kirchengemeinde. Herzlichen Glückwunsch
und Anerkennung dafür. Ein kurzer Ausblick auf
das, was im nächsten Vereinsjahr ansteht: Zunächst geht, wie
schon erwähnt, der GGG-Flyer in den Druck. In den Pfingstferien
findet die Gemeinschaftsreise von GGG-Mitgliedern und Laupheimer Singkreis
nach Israel statt. Im Gespräch ist das
Projekt der Audioguides, das auch Teil eines SZ-Artikels von heute
ist. Dieses Projekt ist
sicher umfangreicher und beschränkt sich nicht auf das Anschaffen einiger
entsprechender Geräte. Herr Dr. Niemetz, unser Museumsleiter, hat sich
schon im Vorfeld dazu kundig gemacht und wird uns dazu unter dem
Tagesordnungspunkt „Wünsche und Anregungen“ noch informieren. Ich
bitte um Verständnis dafür, dass wir wegen der zeitigen Heimfahrt von
Herrn Hörl die Zeit zum Gedankenaustausch erst nach dem Film dafür
nutzen werden. Ich bin nun am Ende
meiner Ausführungen, danke für Ihre Aufmerksamkeit und übergebe das
Wort an unseren Schatzmeister Peter Schroeder. Vielen Dank.
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Nachdem im Jahr 2009 das Tagebuch von Dr. Hertha Nathorff nachgeruckt wurde, stand diese Laupheimer Persönlichkeit im Mittelpunkt unserer Jahreshauptversammlung. Diese wurde am 18. März im Schloss-Cafe abgehalten. Der Filmemacher Herr Patrick Hörl war aus München angereist um seinen im Jahr 1993 gedrehten Film über Hertha Nathorff zu kommentieren. Der beeindruckende Dokumentarfilm erhielt so eine weitere Dimension, indem man die Geschichte hinter der Geschichte erfahren durfte. Die Eindrücke, welche Herr Hörl von Hertha Nathorff und ihrer Umwelt und vor allem von New-York und seinen deutschen Einwanderern hatte, prägten ihn bis heute.
Unser Mitglied, Herr Joachim Kawka hat am Montag, den 25. Januar 2010
von Staatssekretär Dr. Birk das Bundesverdienstkreuz am Bande erhalten.
Herzlichen Glückwunsch!
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